Ein denkwürdiger 3. Oktober entlang einer Grenze, die als “Grünes Band” erhalten bleibt


DSCN7025

Bad Steben. Sonne satt am Tag der Deutschen Einheit. Es ist ein schöner Zufall, dass mich die Rentenkasse zum 25. Jubiläumstag nur ein paar Kilometer von der ehemaligen Deutsch-Deutschen Grenze entfernt zum Absolvieren eines Fitnessprogramms eingeladen hat. Weniger zufällig hat an diesem warmen und klaren 3. Oktober 2015 unser Wanderführer Lothar die Samstagswanderung des oberfränkischen Wandervereins ab Bahnhof Bad Steben ausgewählt. Über Carlsgrün führt Lothar die Schar der Gäste, die aus mehreren “Anstalten” der etwas morbide wirkenden 4000-Seelen-Gemeinde zusammengekomen sind, ins Tal der Thüringischen Muschwitz. DSCN7024Jenem Grenzflüsschen, das einst besser bewacht wurde als die Kronjuwelen der englischen Königin. 11 Kilometer wandern wir durch hüglige Landschaften, über Wiesen und durch Wälder und genießen immer wieder die Fernsicht bis hin zum Thüringer Wald. Bad Steben liegt auf 600 Meter und ist damit das höchst gelegene bayerische Staatsbad.DSCN7029

Unterwegs hat Lothar, der drahtige ältere Herr, eine Menge zu erzählen. Von der Ski-Springschanze, die vor ein paar Jahren gesprengt wurde, weil der Verein sich aufgelöst hat, von dem Weinberg, der anschließend auf dem Schanzengelände angelegt wurde, von der Erzförderung rund um das heutige Bad und nicht zuletzt von den Vorfällen an der ehemaligen Grenze, die wir jetzt erreichen und auf der wir entlang wandern. Das Grüne Band ist heute ein Naturschutzgebiet. Damit es nicht von Strauch und Wald eingenommen wird und für immer verschwindet, halten Schafe die Vegetation klein und sorgen so dafür, dass der Grenzverlauf auch zukünftig sichtbar bleibt. Keine Spur mehr von Stacheldraht, Selbstschussanlagen und Wachtürmen. Natur pur. Nur einige Reste von Panzersperren und die Betonplatten, auf denen die Grenzer in ihren Geländewagen Tag und Nacht patrouillierten, zeugen noch von einer Zeit, in der über 1000 Menschen bei Fluchtversuchen an der Deutsch-Deutschen Grenze ihr Leben ließen.

Aber es gab auch Glücksfälle, wie Lothar zu berichten weiß. So wurden eines Nachts unweit von Bad Steben zwei Kinder aufgegriffen, die berichteten, dass sie mit ihrem Vater über die Grenze geflohen seien. Sie hätten es geschafft, aber der Vater läge angeschossen auf dem Grenzstreifen. Damals, so Lothar, habe sich ein Bad Stebener Arzt auf die Suche gemacht und den Mann auch gefunden. Als er sich dem Verletzten näherte, hätten die Grenzer gedroht, auch auf ihn zu schießen. Mit den Worten “dann schießt doch” sei der Arzt zu dem Verletzten gegangen und habe ihn in den Westen geschleppt. Geschossen wurde auf die Männer nicht mehr. Wohl eher ein glücklicher Einzelfall.DSCN7028

Heute, am Sonntag, führt unsere Wandertour ins etwas weniger geschichtsträchtige Höllental. Übrigens: Hier oben in den Wäldern sind auch jede Menge Radler unterwegs. Von Kulmbach bringt täglich ein Radbus die Sportler und ihre Maschinen hier hinauf, wo sie sich auf den Waldwegen austoben können und anschließend hinab ins Tal rasen.

Ich hoffe, ihr sitzt heute auch fest im Sattel. Daher wünsche ich Euch eine schöne Sonntagstour.Unbenannt

P.S.: Als Beweis dafür, dass ich im Frankenland nicht nur körperlich, sondern auch geistig rege bin, habe ich einen Auszug aus unseren in naher Zukunft greifenden Statuten beigefügt.