Nein, heute soll nicht eine Geschichte des 18. Jahrhunderts erzählt werden. Auch das Remake aus den Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts sowie die vielen Darstellungen in anderen Kunstgattungen sind mit diesem Titel unserer heutigen sonntäglichen Geschichte nicht gemeint.
Obgleich, die psychologisch/psychiatrischen Tiefen der Werke, Themen wie Selbstentleibung, Selbstzerfleischung, Verzweiflung und Zynismus klangen an.
Es muss so um die beginnenden 90er Jahre gewesen sein, der Heiligabend als Tag ist verbürgt. Da machten sich drei leidlich junge und anmutig anzusehende Sportler auf, das kommende Christfest mit einem Lauf über die verschneiten Höhen des Sauerlands zu begrüßen. Einer dieser drei, nennen wir ihn mal H., quälte sich bei seinem Comeback in dieser Sportart – schon damals heldenhaft – ca. 20 Kilometer durch das tiefe Geläuf und litt tagelang unter Gehbeschwerden und wurde von seiner Gemahlin liegend ins Niederrheinische zum Verwandtenbesuch transportiert.
Für die anspruchsvolle Strecke ist in den Annalen der Sportlergemeinde seit dem der Name “H.-R.-Gedächtnislauf” gebräuchlich.
Große Teile dieses Weges kreuzten heute vier Helden immer wieder und H., der nunmehr unter dem Kampfnamen ” Manitou” startet, war selbst unter ihnen.
Vorm Vereinlokal, wo der Wirt noch die Spuren der vergangenen Nacht beseitigte, schlug Scheibe den Aufstieg zur Balver Höhe vor, dem sich die Gruppe, komplettiert durch Lapierre und den Blinden, über den Balver Weg näherte. Schneereste säumten die Strecke, je höher man sich in den Berg schraubte. Unnötig zu erwähnen, dass der stetige Anstieg – um Langweile vorzubeugen -von kleineren Abfahrten unterbrochen wurde. Bei leicht diesiger Sicht galt es prachtvolle Blicke zu genießen und an der Krüppeleiche, ca. 555 m über normal Null, war es dann mal wieder soweit: Es stand ein weiterer Eintrag ins Gipfelbuch an, bei dem gebührlich des im Skiurlaub weilenden Direktors gedacht wurde. Der vorsorglich dem Buch beigefügten Schnaps wurde allerdings nicht zugesprochen, schließlich brauchte man einen klaren Blick auf dem Weg zum Paradies und die Aussicht auf Nordhelle und Wildewiese, beide in tiefen Schnee gehüllt.
Nun aber flugs den schnellsten Weg zum Vereinslokal suchen, schließlich wollte Lapierre noch ein Weizen nehmen, bevor weitere Termine ab Eins riefen. In rasender Fahrt hinab zur Kreuzeiche und weiter zur Schwerter Hütte, husch über die Straße und auf leichtem Höhenweg zu Georg nach Sundwig und ans Bier…
Wenn, ja wenn man nicht einen glatzköpfigen Wandersmann samt Familie getroffen hätte. Der schlug noch die Anfahrt eines Sonnenhanges vor. Auch ohne ein Machtwort des abwesenden Direktors bestand innerhalb der Gruppe kein Zweifel – Sonne – da wollen wir hin! Auf einem knappen Kilometer wollte 140 Höhenmeter bezwungen werden und sie wurden bezwungen. Von Leiden, auch vom reiferen H., keine Spur. In gleißendem Sonnenlicht ein letzter Blick auf die gemeisterten Höhen, eine knappe Ansage von H. “Keine Experimente” und hastdunichtgesehen war in Spitzengeschwindigkeit Sundwig erreicht.
Hoch erfreut fiel die Begrüßung im Vereinslokal aus, selten hatten gut 21 km weniger Dreck auf dem Trikot hinterlassen und der schon gefüllte Wischeimer musste nicht genutzt werden.
Als dann auch der Vereinshund die Gemeinde begrüßt hatte war der Sonntag rund – fast!!
Konnte er ja nicht, nur, was fehlte?
Wie Schuppen fiel es dem Starterfeld aus den Augen, als sich die Tür öffnete und der Direktor, noch leicht gezeichnet von der überstandenen Krankheit, erschien, in seinem Schatten der getreue Kleiderwart Jogi 5959. da war das Glück vollkommen und die Gläser, selbst die mit Tee gefüllten, wurden gehoben. Wenn auch der Direktor und Jogi die Erinnerung an die heutige Heldenfahrt nicht teilen können, auch sie werden sich zumindest ein/zwei Tage dieses sonntags erinnern, nahmen sie doch von der köstlichen Linsensuppe der Vereinswirtin.
Was alles hat das jetzt mit dem Jungen H zu tun? Nun, er ist nicht nur nach Jahren gereift und erträgt alles still, er hat sich auch eine Kapiteleröffnung des alten Goethe zu Eigen gemacht: “Sei ein Mann und folge mir nach!”
Dann sind auch überraschende Berge keiner weiteren Klage wert.
lapierre wird die Fahrt gewohnt bilder- und datenreich dokumentieren.