Vier Männer zwischen 85 und 89. Ein Traum: Sie wollen nicht nur bei den Leichtathletik-Europameisterschaften der Senioren starten. Sie wollen auch einen Weltrekord holen. Eine Geschichte vom Altwerden und Jungbleiben
Edi läuft in der Staffel als Erster, hoffentlich verpasst er nicht das Kommando On your marks!, »Auf die Plätze!«, er hört nicht mehr so gut. Herbert läuft als Zweiter, wofür eigentlich Fred vorgesehen war. Der aber traut sich nicht, weil er dann den Staffelstab nicht nur annehmen, sondern auch an den dritten Läufer weitergeben müsste. Freds rechte Hand ist seit einem Unfall steif, und mit der linken fühlt er sich unsicher. Herbert mag die Wechsel auch nicht, weil er auf einem Auge nicht mehr viel sieht, aber gut, Fred zuliebe. Armin läuft als Dritter und hatte vorgestern das erste Mal in seinem Leben einen Staffelstab in der Hand. Fred läuft also als Vierter und Letzter, er muss, wenn er den Stab übernommen hat, nur noch rennen, so schnell er kann. Aber er hasst die 400 Meter. Eine ganze Stadionrunde, die härteste Sprintstrecke, bei der die Läufer im Ziel oft auf der Bahn liegen, pumpend, keuchend, manchmal weinend. Junge Läufer. Caorle in Italien, nicht weit von Venedig, der Abschlusstag der Leichtathletik-Europameisterschaften der Senioren. Senioren, das bedeutet im internationalen Sport: ab 35. Die vier Männer aber, die sich nun für die 4-mal-400-Meter-Staffel bereit machen, sind nicht 35. Sie sind auch keine Mittfünfziger, die es noch mal wissen wollen. Sie sind Männer, die den Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Es treten an: Edi, Startnummer 1744, 87 Jahre. Herbert, Startnummer 2012, 89 Jahre. Armin, Startnummer 2223, 85 Jahre. Fred, Startnummer 1882, 85 Jahre. Sie wollen nicht nur Gold holen. Sie wollen den Weltrekord der sogenannten M85 brechen, was bedeutet: in der Gruppe der 85- bis 89-jährigen Männer. Im Seniorensport werden die Sportler in Fünfjahres-Altersgruppen zusammengefasst. Herbert hat die Staffel aufgestellt. Mit vollem Namen heißt er Herbert E. Müller, das »E Punkt« zwischen Herbert und Müller steht für »Ernst«, es ist ihm wichtig – es heißen einfach zu viele Leute Müller, so ein E. macht da schon einen Unterschied. Da sich im Sport aber alle duzen, ist Herbert E. Müller beim Laufen immer nur: Herbert.Herbert ist der Älteste, hat aber die schnellsten Beine der Mannschaft. Er ist auch so etwas wie ihr Chef. Herbert kennt alle Regeln, die geschriebenen und die ungeschriebenen. Gerade hat er Edi noch mal erklärt, wie der Start abläuft. »On your marks!« bedeutet: locker an der Startlinie aufstellen. »Set!« bedeutet: für den Kampfrichter sichtbar in Startposition gehen. Dann kommt der Startschuss. Niemand weiß: Kann Edi mit seiner verletzten Archillessehne wirklich 400 Meter durchlaufen? Auf seine linke Handfläche hat sich Herbert mit Filzstift einige Zahlen geschrieben. Die benötigten Zwischenzeiten. So kann er bei jedem Wechsel kontrollieren, ob sie den Weltrekord noch schaffen können: 7 Minuten und 50 Sekunden, gelaufen im vergangenen Jahr von vier Chinesen. Es ist Viertel nach zwei, bei 30 Grad, als Edi, der erste Läufer, die Bahn betritt. Da geht sie an den Start, »die Achillessehne der Nation«, wie Herbert sagt. Edi ist verletzt. Er ist zu Hause im Training gestürzt, seitdem schmerzt die Achillessehne. Der Arzt hat ihm einen Zinkleimverband angelegt, und unter Edis linker weißer Socke verbirgt sich eine Stützbandage. Niemand weiß: Kann er wirklich 400 Meter durchlaufen? Edi hat ein paar Schmerztabletten geschluckt. Herbert schaut ihm sorgenvoll nach.14.23 Uhr. »On your marks!« – »Set!«Der Schuss knallt. Herbert Anderthalb Wochen zuvor fährt Herbert von Grevenbroich nach Düsseldorf, setzt sich im Flugzeug in Reihe fünf ans Fenster und fliegt nach Venedig, neben ihm Fred, sein Trainingspartner, Sportsfreund und auch: Konkurrent. In Venedig fragt Herbert nach dem Bus nach Jesolo, wo er während der Wettkämpfe wohnen wird. Dort angekommen, nimmt er einen weiteren Bus zum Hotel. Es liegt am Meer, aber Herbert wird bis zur Abreise nicht einmal seine Füße ins Wasser tauchen. Er ist nicht hier, um zu baden. Herbert ist ein kleiner, schmaler Mann, 1929 geboren, aufgewachsen in der Nähe von Köln. Der Vater, ein Bergmann, starb früh, der zwei Jahre ältere Bruder kehrte nicht aus dem Krieg zurück. Seine Frau Helga lernte Herbert in Aachen kennen, wo er Elektrotechnik studierte, in zwei Jahren feiern sie diamantene Hochzeit. Sie haben zwei Töchter und einen Sohn, außerdem fünf Enkel, die auch schon wieder erwachsen sind.Abseits des Sportplatzes sieht Herbert aus, wie viele ältere Männer aussehen. Er trägt gern Stoffhosen und karierte Hemden, darüber eine beige Jacke. Seine Füße stecken in Socken in Trekkingsandalen. In Jesolo unterscheidet ihn wenig von anderen deutschen Rentnern, die hier nach dem Ende der Sommerferien die letzten Sonnenwochen an der Adria genießen. Nur, Herbert geht aufrechter, federnder und vor allem: schneller.Herbert ist kein ehemaliger Spitzensportler, der im Alter nicht aufhören will. Er hat im Alter überhaupt erst angefangen. Er ging in Rente, was jetzt fast 30 Jahre her ist, und begann zu laufen. Joggte mit dem Hund durch den Wald im Süden von Dormagen, wo ihn eines Tages ein Mann ansprach. Er habe im Verein eine M50-Mannschaft, ob Herbert vielleicht Interesse habe? »M50, was ist das?«, fragte Herbert. Der Mann erklärte. »Ich bin 60, habt ihr auch eine M60?«, fragte Herbert. Hatten sie nicht. Herbert wurde trotzdem Mitglied im LAV Bayer Uerdingen/Dormagen, die M60 gründete er selbst. Und fand nach dem Beruf, er war Ingenieur, eine neue Berufung: das Laufen. 2005, mit Mitte 70, lief er sein erstes internationales Rennen.Seniorensport, das klingt nach Aquagymnastik und Nordic Walking. Macht Herbert nebenher auch. Ein wunderbares Training, sagt er. Aber das genügt ihm nicht. Er will gewinnen. Wenn es stimmt, dass Menschen im Leben ein Ziel brauchen, dann hat Herbert jetzt das Ziel, schneller zu laufen als alle anderen in seinem Alter. Warum sollen nur junge Menschen Freude am Erfolg haben? Gemessen an seinen Erfolgen ist Herbert ein internationaler Star In Italien wird Herbert nicht nur als Staffelläufer antreten, sondern auch in den Einzelrennen über 100, 200, 400, 800 und 1500 Meter. Er mag Medaillen, und er liebt Rekorde. Gemessen an seinen Erfolgen ist er ein internationaler Star. Trotzdem kennt ihn außerhalb des Seniorensports niemand, denn Seniorensport läuft nicht im Fernsehen. Über Herbert berichtet bloß die Lokalzeitung, wobei die Rekorde der Alten in den Artikeln oft nur »Bestleistungen« genannt werden, worüber Herbert sich furchtbar aufregen kann. Genauso wie wenn wieder irgendwo steht, er habe »ohne Konkurrenz« den ersten Platz belegt. Das klingt, als sei er locker über die Bahn getrabt. Was soll er denn machen, wenn in seiner Altersgruppe kaum jemand übrig ist, der bei Wettkämpfen antreten kann? In Deutschland läuft Herbert inzwischen oft gegen sich selbst und gegen die Uhr. Auch deshalb geht er auf Reisen, nach Polen, Spanien, Dänemark, Ungarn, irgendwo gibt es immer noch ein paar sehr alte Männer, die gegen ihn laufen. Was heißt laufen: rennen. Usain Bolt, der schnellste Mann der Welt, ist die 100 Meter in 9,58 Sekunden gelaufen.Ein 18-Jähriger, der sie in 13,2 Sekunden schafft, erfüllt damit die Anforderung für das Deutsche Sportabzeichen in Gold. 16 Sekunden reichen für Bronze. Herbert hat im vergangenen Jahr, damals noch 88, 18,21 Sekunden gebraucht. »Junge Sportler versuchen, ihre Leistung zu steigern«, sagt Herbert. »Im Alter geht es darum, den Leistungsabfall möglichst lange zu bremsen.« Die meisten Menschen sind tot, bevor sie Herberts Alter erreichen, und wenn sie noch leben, sind sie meist froh, wenn sie noch gehen können. Manchmal wird Herbert nach dem Geheimnis seiner Jugend gefragt. Gibt es nicht, sagt er. »Ich werde älter.« Er hört schlechter, er sieht schlechter, Gleichgewichtsprobleme hat er auch. Und trotzdem: Eine Grauer-Star-OP, eine Meniskus-OP, das war’s bisher. »Von den größeren Sachen bin ich verschont geblieben«, sagt er. Aber, das ist Herbert wichtig, er bemüht sich, auch seinen Teil beizutragen. Was es braucht (I): Disziplin Herbert macht morgens im Bett Dehnübungen, dann vor dem Zähneputzen 70 Kniebeugen und nach dem Zähneputzen noch mal 80. Herbert treibt sechsmal die Woche Sport, dreimal intensiv. Sein größter Gegner: der innere Schweinehund. »Im Alter tendiert man zur Ruhe«, sagt er. Umso größer müsse der Wille sein. Manchmal helfen auch Tricks. Schokolade verwahrt Herbert im Keller, damit er abends noch mal nachdenkt, bevor er sie sich gönnt, seine 61 Kilo bei 1,70 Meter will er halten.Vor 14 Jahren gaben Herbert und seine Frau Helga ihr Haus in Dormagen auf und zogen in ein Neubauviertel in Grevenbroich. Eine Wohnung, dritter Stock, mit dem Aufzug erreichbar. Altersgerecht, könnte man sagen, nur dass Herbert immer die Treppe nimmt, »ein kostenloses Fitnessgerät«. Herberts Frau Helga macht sich manchmal Sorgen um ihn, vor allem wenn er an sehr heißen Tagen läuft In der Wohnung gibt es ein Arbeitszimmer, Sportzimmer wäre passender, dort hängen Herberts Medaillen in drei Reihen, gut 150, oben die von Weltmeisterschaften, in der Mitte die von Europameisterschaften, unten die von Deutschen Meisterschaften. Bei Herbert ist das so: Anfang des Jahres trägt er alle wichtigen Sporttermine in einen Kalender ein, alles andere wird dann um diese Termine herum geplant. Findet seine Frau es eigentlich gut, dass er so viel läuft? Nicht immer. Helga ist 81 und sieht selbst beneidenswert jung aus, erst jetzt haben sich erste graue in ihre schwarzen Haare geschlichen. Manchmal macht sie sich Sorgen um Herbert. An einem heißen Juli-Tag zum Beispiel trinken sie Eiskaffee im Wohnzimmer, und Helga sagt zu Herbert: »Dein Arzt hat sich nach dir erkundigt, du sollst das nicht machen: bei dieser Hitze laufen.« Herbert ist am Sonntag zuvor in Kevelaer angetreten, bei den Nordrhein-Meisterschaften der Senioren, es waren über 30 Grad.»Der Arzt hat ja recht«, sagt Herbert. Die Läufe vom Wochenende, 100, 200 und 400 Meter, stecken ihm jetzt, zwei Tage später, noch in den Knochen, er hat Stiche in der Pobacke, ein Zehennagel macht Probleme. Trotzdem überlegt er, morgen nach Grefrath zu fahren, dort findet ein »Sprintpokal und Mittelstreckenabend« statt.»Das ist mir neu, dass du morgen laufen willst«, sagt Helga. Was es braucht (II): Spaß Am Tag darauf kommt Herbert gut gelaunt in Grefrath an, zusammen mit Fred, den er vorher in Mönchengladbach abgeholt hat. Sie treffen auf zwei andere Männer: Horst und Wolfgang. »Horst!«, ruft Herbert. »Du Jungspund, wie alt biste jetzt? 81?« »83!« »Oooch, immer noch fast sieben Jahre jünger.« »Aber ich seh nur deinen Hintern, wenn wir laufen!« Sie haben gute Laune, die alten Männer, sie selbst nennen sich: »alte Säcke«. Horst: »Über 70 einen Gesunden? Findste nicht!« Wolfgang: »Kennst du den kürzesten Seniorenwitz? Treffen sich drei Senioren, und keinem tut was weh.« Viele der Männer, die mit über 70 noch rennen, sehen sehr gesund aus. Aber das täuscht. Kontrahenten, Trainingspartner, Freunde: Fred und Herbert mit den Nationalfarben Fred, Herberts Trainingspartner, hatte vor ein paar Jahren eine Thrombose im Bein, er bekam eine Lungenembolie, es fehlte nicht viel, und er würde sich jetzt nicht mehr auf der Bahn aufwärmen. Im März, Herbert lief bei einem Wettkampf in Polen, sagte einer seiner Konkurrenten ein Rennen ab, er fühle sich nicht gut. Wenig später fand Herbert im Internet seine Todesanzeige.Im Mai ist der Mann, der Herbert damals zum Sportverein in Dormagen holte, gestorben, Krebs. Zwischen Diagnose und Tod lagen acht Wochen. Und Wolfgang, der in Grefrath fröhlich Seniorenwitze erzählt, lag letztes Jahr unterm Messer, auch Krebs. Nur, was soll’s, solange es noch geht, werde er halt laufen, sagt er. Allzu weit weg ist der Tod nicht mehr, das wissen sie. Aber sollen sie sich davon den Spaß verderben lassen? Manche Menschen machen Sport, um gesund zu bleiben. Andere, vor allem Jüngere, wollen ihren Körper formen, Muskeln aufbauen, sie wollen gut aussehen. Ein 80-Jähriger dagegen kann laufen, so viel er will: So straff wie ein junger Mensch wird er nicht mehr werden. Wenn Herbert nach dem Warmlaufen seine lange Hose und die Trainingsjacke auszieht, entblößt auch er in Trägertop und knappen Shorts: alte, hängende Haut. Das Alter nimmt dem Sport den Körperkult. In Grefrath läuft Herbert deutschen Rekord über 100 Meter: 18,04 Sekunden. Sieben Hundertstel schneller als der bisherige, 17 Hundertstel schneller als seine eigene Bestzeit aus dem Vorjahr. Wieder einmal hat er dem Verfall ein Schnippchen geschlagen, ist besser geworden statt schlechter. Er hüpft auf und ab, reißt die Arme hoch, »Ja! Jaa! Jaaa!«. Herbert sagt, kein Moment beim Laufen sei schöner als der Moment im Ziel.Er läuft noch einen Rekord: über 200 Meter. Auf den letzten Metern holt er sogar noch den knapp fünf Jahre jüngeren Fred ein. »Ja, wenn du im Training so ’ne faule Sau bist!«, sagt Herbert. Er meint es als Spaß, aber ein bisschen wahr ist es auch. Herbert, der eiserne Planer, versteht Fred manchmal nicht, der kein Trainingskonzept, keine übergeordnete Strategie hat. »Ich mache alles nach Gefühl«, sagt Fred. Fred Auch Fred, eigentlich Friedrich Ingenrieth, kam spät zum Laufen. Seine Tochter war eine gute Hochspringerin, Fred und seine Frau, mit der er in Mönchengladbach lebt, fuhren sie zum Training, zu Wettkämpfen. Irgendwann dachte Fred, dass er die Zeit, in der er auf sie wartet, auch besser nutzen könnte. Und fing an zu laufen, da war er Anfang 50. Er war schnell, sehr schnell. Mit Anfang 60 begann er, bei Wettkämpfen anzutreten. Gerade ist er 85 geworden, ein schlaksiger, großer Mann, »früher 1,86, jetzt nur noch 1,84«, fast immer ein Lachen im Gesicht. »Wie gut es uns heute geht«, sagt Fred oft. Auch er wuchs im Krieg auf, erinnert sich noch an den Fliegeralarm der Bombennächte, musste Geschwister betrauern. Fred Ingenrieth übt den Start für eines der Rennen Fred, früher Versandleiter einer Druckerei, wurde schon an der Achillessehne operiert, später dann die Thrombose. Umso mehr freut er sich, dass er noch mal auf Spitzenniveau läuft. Er hat es auch Herbert zu verdanken. Der plant für Fred mit, treibt ihn an, bestimmt das Training. Fred mag keine langen Stecken, er liebt die 100 und die 200 Meter »Herbert ist mein Vorbild«, sagt Fred. Ihm fehle die Disziplin, er trainiert auch schon mal drei Wochen gar nicht. Er mag keine Strecken, die länger als 200 Meter sind. 400 Meter? Eine Qual! Sogar beim Aufwärmen läuft er nie die Stadionrunde, sondern lieber hin und her. Dass Herbert auch über 1500 und 10 000 Meter antritt, dass Menschen Marathon laufen, versteht Fred nicht. Er liebt die 100 Meter, die 200 Meter. An nichts mehr denken müssen, alles ausblenden, das ist für ihn das Schönste am Laufen. Wenn Herbert ins Ziel kommt, analysiert er die Zeit, ist sofort damit beschäftigt, was gut war und was schlecht, überlegt, wie viele Zehntelsekunden ihn der Gegenwind gekostet hat. Wenn Fred ins Ziel kommt, strahlt er und keucht: »Das macht so einen unheimlichen Spaß!« Was es braucht (III): Gemeinschaft Mitte Juli finden in Leinefelde, in Thüringen, die Deutschen Meisterschaften der Senioren statt. Es ist nicht nur ein Sportwettkampf. Es ist auch eine Art Familientreffen. Herbert kann kaum ein paar Meter durchs Stadion gehen, ohne dass er »Ute!« oder »Angela!« oder »Ingrid!« ruft. »Kannste aufschreiben, was du willst«, sagt Herbert, »schaffste eh nicht. Das muss man erleben.«Herbert kennt alle. Und alle kennen Herbert, »den Knüller«, »das Phänomen«, »den Chef im Ring«. Dass er so beliebt ist, liegt auch daran, dass Herbert so anders ist als viele alte Menschen, dass er einem so wunderbar die Angst vor dem Alter nehmen kann. So kann jemand auch sein mit knapp 90: so gesund, so fit, so fröhlich. Was jeden Tag vorbei sein kann, natürlich. In Leinefelde läuft einer sein letztes Rennen, von dem Herbert sagt, er sei einer der ganz Großen: Guido Müller. Guido trug stets ein weißes Trikot, wenn er lief, und weil er so schnell war, wurde er »der weiße Blitz« genannt. Das weiße Trikot hat Guido immer noch, aber Herbert hat ihn über 100 Meter laufen sehen. Guido war nicht langsam, aber es war doch anders als früher. Die alte Kraft ist weg. »Das ist das Ende einer Ära«, sagt Herbert. Er verehrt Guido, es trifft ihn, dass er aufhört. Guido ist erst 80, fast zehn Jahre jünger als er. Am nächsten Tag, beim 200-Meter-Rennen, bewegt sich Fred zu früh. Fehlstart. Er wird verwarnt. Die Nerven, wieder einmal, sie machen Fred jetzt häufiger Probleme, und das ärgert ihn. Als der Startschuss dann knallt, läuft er wie zum Beweis, was er doch noch kann, eines seiner besten Rennen, läuft schneller als Herbert. Um kurz nach zwei tritt Guido zu seinem letzten Wettkampf an. Er gewinnt nicht, aber im Ziel stehen über 100 Sportlerinnen und Sportler, alte, junge. Sie rufen »Guido! Guido! Guido!«, sie lassen ihn hochleben, ein letztes Mal, Herbert und Fred kommen auch dazu. »Oh, wie ist das schön«, scheppert es aus den Stadionlautsprechern. Anfang August ist Meldeschluss für die Europameisterschaften in Italien, was Fred nicht weiter interessiert, Herbert aber viele Stunden vor dem Computer sitzen lässt. Herbert läuft seine Rennen auch mit dem Kopf. Er recherchiert nicht nur, wer gemeldet ist und mit welcher Bestzeit, er googelt, wo und wann derjenige diese Zeiten gelaufen ist. Eigentlich weiß er schon vor den Rennen, wie sie ausgehen werden. Oder glaubt es zu wissen.»Auf den 100 Metern sind Gold und Silber vergeben, Fred«, sagt Herbert. Der Spanier Armando Roca sei nicht zu schlagen, keine Chance, der Franzose Georges Mysson auch nicht. Bronze hingegen werde spannend, vier M85er lägen nur wenige Hundertstel auseinander, unter ihnen auch er und Fred. Über die 200 Meter hingegen würden Fred und er Gold und Silber unter sich ausmachen, klare Sache. Herbert wird also wieder ein paar Medaillen mit nach Hause bringen.Aber keinen Weltrekord.Herbert weiß die meisten Weltrekord-Zeiten in der M85 auswendig, über 100 Meter, 200 Meter, 400 Meter. Die Rekorde sind zu gut, oft schon vor vielen Jahren aufgestellt, selbst für ihn nicht zu schaffen, mit einer Ausnahme: der 4-mal-400-Meter-Staffel. In Italien will Herbert den Chinesen den Weltrekord abnehmen. 7:50 Minuten, das müsste zu schlagen sein Im vergangenen Jahr sind vier Chinesen in Spanien einen neuen Weltrekord gerannt. Herbert war zwar auch dort, aber er hatte keine Staffel zusammenbekommen, es gab nicht genug deutsche Läufer über 85. Jetzt, in Italien, will er den Chinesen den Weltrekord abnehmen. 7:50 Minuten, das müsste zu schlagen sein. Zwei Läufer stehen fest: Herbert und Fred. Aber wer könnte noch mitlaufen? Herbert braucht zwei sehr alte Männer, die die 400 Meter unter zwei Minuten laufen können. Im Internet schaut er sich die Liste deutscher Athleten über 85 an, die sich für die Europameisterschaften angemeldet haben. Es sind nicht einmal zehn Namen.Ein Läufer sagt ihm, er werde zwar nach Italien fahren, müsse aber schon vor dem Staffelrennen wieder abreisen. Ein anderer will zwar lange genug bleiben, hat aber zu große gesundheitliche Probleme, als dass er fest zusagen will. Auf der Liste steht auch ein sehr erfolgreicher Langstreckenläufer: Armin Zosel ist in Italien für den Halbmarathon gemeldet. Herbert ruft in der sächsischen Kleinstadt Radeburg an. Armin Armin läuft seit seiner Jugend, war auf der Langstrecke mehrfacher Welt- und Europameister der Senioren. Er würde die 400 Meter in unter zwei Minuten schaffen. Es gibt nur ein Problem: Sein Halbmarathon findet am selben Tag statt wie die Staffel, am letzten Tag der Meisterschaften. Was hältst du davon, wenn du den Halbmarathon absagst und stattdessen nur eine Runde läufst und mit uns Gold holst? Herbert »Armin«, sagt Herbert, »im Halbmarathon kannst du nicht gewinnen gegen den Bruno Baggia aus Italien. Was hältst du davon, wenn du den Halbmarathon absagst und statt der 21 Kilometer nur eine Runde läufst und mit uns Gold holst?«Armin wird später erzählen, dass er eine Stunde überlegt habe. Dann habe er entschieden: »Das mache ich.« Wann habe man schon vier alte Männer, die noch so rennen können?Herbert ruft auch in Brunnthal, südlich von München, an. Dort wohnt Eduard Bscheid, ein ehemaliger Spieler der deutschen Eishockey- Seniorennationalmannschaft, ein sehr guter Werfer außerdem. Im Alter fing er mit Zehnkampf an, dafür ist er in Italien gemeldet. Zum Zehnkampf gehören auch Läufe über 100 Meter und 400 Meter. Edi »Ich suche noch einen Mann für die 4-mal-400«, sagt Herbert am Telefon. »Warst du schon mal Weltrekordler?«»Naa«, sagt Edi. »Ich mach aus dir einen!«, sagt Herbert.Edi hat früher auch Fußball gespielt, Ski fährt er immer noch, die Berge sind ja nicht weit, und mit 76 kam er, ein Zufall, in die Eishockeymannschaft der Senioren. Er hatte die Mannschaft ein Jahr zuvor als Betreuer nach Minsk begleitet, wo einmal im Jahr eine Art inoffizielle Weltmeisterschaft stattfindet. Dort war Edi schon mit dem weißrussischen Präsidenten Lukaschenko auf dem Eis, kein Witz. »Was ich da alles erlebt hab«, sagt Edi, »a Wahnsinn!« Mit den anderen Spielern, viele 20 oder 30 Jahre jünger als er, ging er bis fünf Uhr morgens in die Disco, was hatten sie für einen Spaß. Dieses Jahr war das erste, in dem Edi nicht nach Minsk fuhr, ein Abenteuer weniger in seinem Leben. Dann rief Herbert an.»Natürlich hob i Ja gsagt«, sagt Edi, als er später von Herberts Anruf erzählt, sofort. Wann bitte kriegt ein 87-Jähriger noch mal die Chance, Europameister zu werden, ja vielleicht sogar einen Weltrekord zu laufen? »A Wahnsinn«, sagt Edi. Im Stadion in Italien kommt Herbert am ersten Tag nur schwer voran. Auch hier ruft immer jemand »Herbert!«, oft auch »Hörbört!«. Er kennt sie alle: den Finnen, »Markus, wie geht es dir!«, den Briten, »Hello, Toni!«, den Tschechen, »Karel!«, den Griechen – wie war noch mal der Name? »Chatziemmanouil, Konstantinos«, liest Herbert auf dessen Trikot, er macht kurzerhand »Schatzi« draus. Schatzi, 90, interessiert sich vor allem dafür, wann Herbert ebenfalls 90 wird. »In two months«, sagt Herbert. Dann wird Herbert in die Altersklasse M90 aufrücken, in der auch Schatzi startet. Schatzi sieht darüber nicht glücklich aus. Am nächsten Tag, dem Tag des ersten Rennens, studiert Herbert beim Frühstück auf seinem iPad die Bahnverteilung für den 100-Meter-Lauf. »Fred, du hast eine optimale Bahn«, sagt er. »Bahn drei, zwischen Armando Roca und mir. Ideal!« Gestern hat Fred seinen Athleten-Ausweis verlegt, gerade sucht er seine Brille Fred hat gerade andere Sorgen, er sucht seine Brille. Das ganze Hotelzimmer hat er schon umgekrempelt. Gestern war es der Athleten-Ausweis, der verloren ging, im Stadion musste er ein Formular ausfüllen und 20 Euro zahlen, um einen neuen zu bekommen. Herbert, der Planer, schüttelt in solchen Momenten den Kopf über seinen Freund. »Pass jetzt gut auf, Fred« ist ein Satz, den Herbert in den nächsten Tagen noch oft sagen wird. Als Herbert und Fred am Nachmittag im Stadion ankommen, schüttet es. Sie müssen sich im Flur vor den Umkleiden einlaufen, so sehr peitscht draußen der Regen.Noch eine Stunde. Herbert hibbelt herum. Nach dem Frühstück hat er sich in seinem Zimmer eingeigelt. Mittags wollte er zwei Müsliriegel essen, ging nicht, die Aufregung. Noch eine halbe Stunde. Herbert sagt, ihn zwicke es im Bein. Wie bei den Profis sollen Spikes den Läufern einen besseren Halt geben Noch 20 Minuten. Die Läufer finden sich im Callroom ein, in dem sich vor dem Rennen alle melden müssen. Dort holen Herbert und Fred ihre Rennschuhe mit Spikes aus ihren Beuteln, ziehen Schnürsenkel stramm, binden Schleifen, zerren an Klettverschlüssen. Draußen findet, das werden sie später erfahren, unterdessen bei den M90ern, den allerältesten Läufern, es sind drei bei dieser EM, ein kleines Drama statt: Schatzi, der Grieche, kommt von der Bahn ab, wird disqualifiziert. Noch fünf Minuten. Ein Offizieller führt die acht M85-Läufer auf die Bahn. Der Spanier Armando Roca, den Herbert als Favoriten ausgemacht hat, zuckt zu früh. Fehlstart. Neu aufstellen. Herbert lag falsch mit seiner Prognose. Nicht der Spanier holt Gold, sondern der Franzose. Als Dritter kommt Herbert ins Ziel, Bronze. Fred wird Fünfter. Er ist enttäuscht, sein Gesicht ausnahmsweise ernst. Er dachte, er habe den Fehlstart ausgelöst, sagt er. Beim zweiten Start sei er deshalb zu spät weggekommen. Was es braucht (IV): Verlieren können Abends in der Pizzeria gibt Herbert Pizza und Rotwein aus. »Ein zentnerschwerer Ballast fällt von der Seele, wenn das erste Rennen vorbei ist«, sagt er. Fred lacht mittlerweile wieder – und ist stolz auf seinen Freund. »Das ist der Fleiß, Herbert«, sagt er. »Und der Mut, noch so zu kämpfen.« Von vornherein langsamer laufen wird er seinetwegen nicht, Wettkampf ist Wettkampf Fred glaubt, dass Herbert die 200 Meter gewinnen wird. »Enttäusch doch deinen Trainer nicht, Fred!«, entgegnet Herbert. Er sorgt sich um seinen Freund, der heute so weit unter seinen Möglichkeiten blieb. Bei den 200 Metern, überlegt er, könnte er, wenn sie beide am Ende gleichauf liegen sollten, Fred den Vortritt lassen. Es wäre schön, wenn Fred in einer Disziplin Europameister würde, findet Herbert. Nur: Von vornherein langsamer laufen wird er seinetwegen nicht, Wettkampf ist Wettkampf. Am nächsten Tag holt Herbert Silber über 1500 Meter. »Für dich müssen die 400 Meter ja ein Gesundheitslauf werden«, sagt Fred. Herbert gewinnt Gold über 400 Meter, Fred Bronze. »Herbert, ich hab ’ne Medaille!«, ruft Fred nach dem Rennen. »Weißt du deine Zeit?«, fragt Herbert. »Nee«, sagt Fred. »Will ich auch gar nicht wissen.« Bei der Siegerehrung ist Fred so gerührt, dass ihm fast die Tränen kommen. Herbert holt drei Tage später auch Gold über 200 Meter, die Strecke, auf der Fred ihn in Leinefelde besiegt hatte und auch jetzt die größten Chancen auf den Sieg hatte. Aber dieses Mal bewegt Fred sich wirklich zu früh, wieder Fehlstart. Danach kommt er als Zweiter ins Ziel, hinter Herbert. Am nächsten Tag holt der auch in seinem letzten Einzelrennen Gold über 800 Meter. Fred steht auf der Tribüne und schreit »Heerbeert! Heerbeert!«. Die Staffel Inzwischen sind Edi und Armin angekommen, »mein Dreamteam«, sagt Herbert. Das Rennen über 4-mal 400 Meter, das er so genau geplant hat, ist für sie alle der Höhepunkt der Europameisterschaften. Für einen wie Herbert, der gern die Kontrolle hat, ist es auch eine Belastung. Außer ihm kennt keiner der vier die Regeln. Also geht Herbert am Abend noch über die Bahn und erklärt den anderen, wo sie sich beim Rennen aufstellen müssen, erklärt, wie der Staffelstab übergeben wird. Schon dass er in Italien vieles für Fred mitorganisieren muss, macht ihm manchmal zu schaffen. Jetzt kommen auch noch Armin und Edi dazu. Es ist der einzige Abend, an dem Herbert erschöpft wirkt. Er geht nicht mehr aus, isst nur eine Banane im Hotel. Schlecht schlafen wird er auch.»Manchmal«, sagt Herbert, »frage ich mich natürlich: Warum tue ich mir das eigentlich an?« Schlimmer als die körperliche Belastung sei die mentale. Herbert fühlt sich unter Druck, weil er die Leistungen bringen will, die er sich vorgenommen hat. Unter Druck auch, weil er derjenige ist, der alles regelt. Edi, noch mehr als Fred der Passt-schon-Typ, hatte eine Woche vor Abreise noch nicht mal ein Hotelzimmer. Herbert hat ihm dann eins organisiert. Ein Handy hat Edi auch nicht. Er sagt Bescheid, wann er am nächsten Tag ins Stadion gehen wird, und dann ist er dort halt irgendwann irgendwo. Für Herbert ist das schwer auszuhalten. Herbert starrt so intensiv in sein iPad oder sein Smartphone wie die jungen Leute in den Straßencafés von Jesolo. »Fred, du musst dir auch ein iPad schenken lassen«, sagt er beim Frühstück im Hotel, denn Fred hat zwar ein Handy, aber »ein Alt-Opa-Handy«, große Tasten, kein Internet. Herbert hingegen wird zappelig, wenn das Internet im Hotel zu lahm ist, wenn sich Seiten zu langsam aufbauen wegen der schlechten Verbindung. Wie einfach die Staffelplanung wäre, wenn sie eine WhatsApp-Gruppe hätten? Darüber will Herbert gar nicht nachdenken. Herbert hat viele WhatsApp-Gruppen, andauernd poppen neue Nachrichten auf, von seiner Frau, von seiner Gymnastikgruppe »Sport betagter Bürger«, von seinen Kindern. Als Herbert am vorletzten Morgen frühstückt, schickt seine Tochter ihm ihren Live-Standort – aus einem Hotel ganz in der Nähe. Sie überrascht ihn, zusammen mit Mann und Tochter. Eine zweite Enkelin steht plötzlich im Frühstücksraum, auch sie ist hergekommen zum großen Staffelfinale, eine Überraschung, die sogar Herbert sprachlos macht. Was es braucht (V): Alles geben On your marks!Ein Ergebnis des Rennens steht praktisch schon fest. Die vier Männer laufen gegen zwei M75-Staffeln und eine M80-Staffel. Sie müssen also nur ins Ziel kommen, dann haben sie die Goldmedaille in ihrer Altersklasse, niemand sonst hat eine M85-Staffel zusammenbekommen. Aber sie wollen ja den Weltrekord.Set! Startschuss. Als Edi losläuft, ist sofort klar: Er kann links nicht richtig auftreten. Es muss die Achillessehne sein. Mit verbissenem Gesicht holpert er die Bahn entlang. Die Startläufer der drei anderen Staffeln sind längst davongezogen, da hat Edi gerade die erste Kurve geschafft. Sein Rückstand wird größer und größer. Aber Edi läuft weiter. 1 Minute 45. Edi biegt auf die Zielgerade ein, und auf der Tribüne wird jetzt das Publikum laut, schreit, klatscht, jubelt, die Leute sehen ja, was da los ist, sehen das Humpeln, das schmerzverzerrte Gesicht. 1 Minute 50. 1 Minute 55. Herbert steht auf der Bahn, er ist als Nächster dran, sein Blick geht von der Uhr zu Edi, wieder zur Uhr, wieder zu Edi. Unbarmherzig verstreichen die Sekunden, aber es ist jetzt nicht mehr weit für Edi. 2 Minuten 05. 2 Minuten 10. Bei 2 Minuten 12 schiebt Edi den Arm nach vorn und drückt Herbert den Stab in die Hand. Dann humpelt er von der Bahn, greift sich an die linke Wade. Der Schmerz, wird er später sagen, sei gar nicht von der Achillessehne gekommen. Er habe sich vertreten, schon beim ersten Schritt sei ihm der Schmerz in die Wade geschossen. Nach Edis Schmerzenslauf sieht der von Herbert mühelos aus, bei 3 Minuten 50 übergibt er den Stab an Armin. Jetzt steht Fred auf der Bahn, wartet, schaut, wartet. Da kommt Armin, Fred streckt den linken Arm aus, die linke Hand. Hauptsache, die Nerven machen mit. Hauptsache, er lässt den Stab nicht fallen.Bei 5 Minuten 40 rennt Fred los. Die Schlussläufer der anderen Staffeln, der jüngeren Alten, sind schon im Ziel, da hat Fred noch mehr als eine halbe Runde vor sich. Er ist jetzt allein auf der Bahn. Noch 200 Meter.»Andiamo«, schreit der Stadionsprecher, als Fred die Zielgerade erreicht, »un grande applauso!« Noch 100 Meter. Fred wird langsamer, auch ihm steht jetzt der Schmerz im Gesicht. Noch 50 Meter. Und dann ist Fred im Ziel. 7 Minuten, 23 Sekunden. Neuer Weltrekord, 27 Sekunden schneller als der alte. »Weltrekord?«, fragt Edi. »Mit meinem Lauf? Das gibt’s ja nicht.« »Edi, du bist ein Goldstück!«, sagt Herbert. »Wahnsinn«, sagt Edi, immer wieder, »Wahnsinn«. Fred kann noch nicht wieder reden. »Ich finde Gefallen an den kurzen Strecken«, sagt Armin. »Vielleicht steige ich noch um.« Später dann: Goldmedaillen, Urkunden, die Hymne, Einigkeit und Recht und Freiheit, das Siegerlächeln, das ganz besonders ist, wenn die Gesichter schon so runzlig sind. Am meisten strahlt Edi, der Held des Tages, den die anderen nur noch »Super-Edi« nennen.»Die ersten Schritte von dir«, sagt Fred. »Owehowehoweh. Ich dachte, das stehst du nicht durch.« »A Wahnsinn«, sagt Edi, er wird noch viele Stunden nicht glauben können, dass er es geschafft hat.Am Abend liegen die Männer sich zum Abschied lange in den Armen. »Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll«, sagt Edi zu Herbert. »Hoffentlich hab ich noch ein paar Jahre, dass ich mich daran immer erinnern kann.«»Wir sehen uns noch mal wieder«, sagt Fred zu Edi. »Wir sehen uns wieder!